2024 07 19 beerLochtumer Sportschützin Jolyn Beer beendet nach den Sommerspielen in Frankreich ihre internationale Karriere

Noch einmal Olympia, und dann war‘s das mit der internationalen Karriere. Sportschützin Jolyn Beer wird nach den Sommerspielen in Paris kürzertreten und sich auf nationale Wettbewerbe beschränken, wie sie am Donnerstag auch über soziale Netzwerke mitteilte. „Es ist Zeit für etwas anders“, sagt die 30-Jährige vom SV Lochtum im Gespräch mit der GZ.

Warum sich Jolyn Beer zu diesem Schritt entschieden hat, dazu später mehr. Denn zurzeit dreht sich alles um das sportliche Hier und Jetzt. Olympia steht vor der Tür. Am 26. Juli geht‘s nach Frankreich, nicht nach Paris, sondern ins rund 250 Kilometer entfernte Châteauroux, wo die Schießwettbewerbe ausgetragen werden. Rot angestrichen sind im Kalender zwei Tage. Am Donnerstag, 1. August, steht zunächst die Qualifikation im Dreistellungskampf mit dem Sportgewehr auf dem Programm, einen Tag später folgt das Finale. Acht Plätze sind für dieses zu vergeben, die 32 Frauen aus 22 Nationen ausschießen.

In bester Verfassung

Dass Jolyn Beer sich in solch einem Klassefeld behaupten kann, zeigte sie vor drei Jahren bei den Spielen in Tokio, als sie Sechste wurde. Diese Platzierung würde sie gerne noch überbieten. „Alles ab Platz fünf aufwärts wäre ein absolutes Highlight“, sagt sie. Und das sei machbar.

Ihren Optimismus zieht die Nordharzerin aus ihrer derzeitigen Verfassung. „Ich habe die beste Form der laufenden Saison“, sagt Jolyn Beer, als wir sie beim abschließenden Lehrgang am Bundesstützpunkt in München erwischen. „Im Training läuft’s richtig, richtig gut.“

"Der Druck war immens, das habe ich so auch noch nicht erlebt. Ich bin super stolz, wie ich das gemeistert habe.“ Jolyn Beer

Bezahlt machen soll sich auch, dass sie ihre Herangehensweise im Wettkampf umgestellt hat, etwas aggressiver schießt. „Ich bin ein wenig weg vom perfekten Schuss. Es geht mehr darum, konsequent den Handlungsablauf, um es mal so zu formulieren, durchzuprügeln“, sagt die Sportsoldatin. „Die 10,8 kommt im Zweifel dann von allein.“

Kraft schöpft sie auch aus dem Weltcup im Juni in München, wo im internen deutschen Duell mit Lisa Müller (Weingarten) das letzte Olympiaticket vergeben wurde. Das Nervenkostüm hielt. „Der Druck war immens, das habe ich so in meiner Karriere auch noch nicht erlebt. Ich bin super stolz, wie ich das gemeistert habe“, sagt sie. Und fügt mit einem Lächeln dazu: „Es gab ein paar Leute, die mir das nicht zugetraut haben.“

Jetzt also Chateauroux. Begeistert ist Jolyn Beer nicht, dass die Wettkämpfe in die französische Provinz gelegt worden sind. Unter Olympischen Spielen verstehe sie eigentlich etwas anderes, das Olympische Dorf zum Beispiel, der Kontakt mit anderen Athletinnen und Athleten, der Besuch der Eröffnungsfeier und anderer Wettbewerbe, dieses besondere Flair eben, was sie 2021 in Tokio erleben durfte. Eingeschränkt zwar wegen Corona, aber immerhin. Diesmal hat der Deutsche Olympische Sportbund seinen Schützen ein kleines Trostpflaster aufgepappt und für sie den Besuch von drei anderen Veranstaltungen in der zweiten Olympia-Woche in Paris gebucht.

Ein normaler Wettkampf

Die Schießanlage in der knapp 50.000 Einwohner großen Stadt in der Region Centre-Val de Loire kennt Jolyn Beer nicht. Da sie dem deutschen Tross hinterherfliegt, der sich an diesem Sonntag auf den Weg macht, kann sie von den Erfahrungen der anderen profitieren. Letztlich aber, das habe sie vor drei Jahren aus Japan mitgenommen, sei Olympia „ein Wettkampf wie jeder andere. Das nimmt unfassbar den Druck, man braucht sich gar nicht verrückt zu machen.“

In ihrem Fall könnte noch eine gewisse Leichtigkeit hinzukommen, seitdem raus ist, dass nach den Sommerspielen ihre internationale Karriere endet. Der Entschluss sei nicht von heute auf morgen gefallen, sondern ein Prozess gewesen, erzählt sie. Zuletzt habe sie immer deutlicher gemerkt, dass die allerletzte Bindung, die allerletzte Bereitschaft, Jolyn Beer benutzt das englische Wort „commitment“, zum Spitzensport gelitten habe. 14 Jahre auf höchstem Niveau haben gezehrt, die vielen Reisen mit der Nationalmannschaft durch die ganze Welt, die Lehrgänge, das dem Sport untergeordnete Leben.

Schritt für Schritt seien andere Aspekte in den Fokus gerückt, die Familie vor allem, die Rückkehr nach Vienenburg, wo sie ein Haus gekauft hat. Letztlich gehe es in so einer Situation auch darum, der Konkurrenz aus den eigenen Reihen Platz zu machen. „Man nimmt denen ja sonst die Möglichkeiten.“ Ganz Schluss ist mit dem Schießsport nicht, denn Jolyn Beer wird auch künftig für die SB Freiheit aus Osterode in der Luftgewehr-Bundesliga antreten.

Jetzt aber zählt Chateauroux. Der letzte internationale Wettkampf, und das bei Olympia. Einen besseren Schlusspunkt könne es nicht geben, meint Jolyn Beer – gewonnen hat sie also schon jetzt.

 

Jolyn startet am Donnerstag, 1. August 2024 um 12:00 Uhr das Qualifikationsschießen
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Das Finale findet am Freitag, 2. August um 9:30 Uhr statt.
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Quelle: Goslarsche Zeitung (goslarsche.de)

 

 

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